3. Preis beim Realisierungswettbewerb
Das neue Verwaltungsgebäude wird konsequent aus der vorhandenen, heterogenen Struktur der umliegenden Bebauung entwickelt. Die maßstäblich gegliederte Baumasse vermittelt zwischen dem großvolumigen Bestandsgebäude im Osten und der tendenziell kleinteiligen Blockrandbebauung im Bereich der Burtscheider Straße. Das erforderliche Bauvolumen wird dabei auf zwei Baukörper aufgeteilt, die sowohl untereinander, als auch im Dialog mit der angrenzenden Bebauung gut nutzbare und angenehm proportionierte Freiflächen ausbilden:
Der Vorplatz an der Zollamtstraße orientiert sich in Richtung Hauptbahnhof und verleiht der entstehenden Gesamtanlage eine angemessene, deutliche Adresse im Stadtraum. Nach Süden orientierte Sitzstufen mit Wasserspielelementen laden zum Verweilen ein und verzahnen das Gebäude mit dem umliegenden Stadtraum. Ein auskragendes Vordach empfängt den Besucher mit einer einladenden Geste und verbindet den Vorplatz mit dem großzügig verglasten Foyer mit Infopoint.
Im Westen, an der Burtscheider Straße entsteht ein kleiner Quartiersplatz, der mit Sitzelementen und dem großkronigen Bestandsbaum ebenfalls zum Verweilen einlädt. Hier öffnet sich der Gastronomiebereich in den Stadtraum, was die Möglichkeit eröffnet, die Kantine auch für externe Nutzung als Restaurant zu betreiben und so das Verwaltungsgebäude inhaltlich stärker mit seinem Umfeld zu verzahnen. Durch die Südwest-Orientierung eignet sich der Quartiersplatz hervorragend für Außengastronomie in den frühen Abendstunden.
Der entstehende Hof im Blockinnenbereich soll als Kantinen- bzw. Mitarbeitergarten großzügig begrünt werden. Hier befindet sich die zweite Außengastronomie, die tendenziell eher den Mitarbeitern vorbehalten ist, jedoch auch für die Öffentlichkeit freigegeben werden könnte. Wasserflächen, großkronige Bäume und Sträucher bieten den Mitarbeitern attraktiven Freiraum für Mittagspausen oder auch das Arbeiten im Freien und wirken sich darüber hinaus positiv auf das Mikroklima aus. Die Dachbegrünung des nördlichen Bestands-Flachbaus soll erneuert werden, sodass die Dachfläche als Erweiterung des Gartens - insbesondere als Freifläche für den nördlichen Erweiterungsbau- mitgenutzt werden kann. Eine Wendeltreppe verbindet die beiden Freiraumniveaus miteinander.
Der winkelförmige, aufgeständerte Erweiterungsbau im Norden markiert den bestehenden Eingangsbereich und verleiht der entstehenden Gesamtanlage eine deutliche Adresse in Richtung Innenstadt/ Marschiertor. Wasserspiel- und Sitzelemente laden auch hier zum Verweilen ein und binden das Verwaltungsgebäude in sein Umfeld ein.
Der großzügige Foyerbereich bildet mit dem zentralen Infopoint den ersten Orientierungspunkt für Besucher. Von hier erschließen sich Neu- und Bestandsbau gleichwertig und auf einfache Weise. Die am Foyer angelagerten Besprechungsräume können durch ihre zentrale Lage auf kurzem Wege erreicht werden und bieten spannende Ausblicke über den baumbestandenen Garten des Blockinnenbereiches. Der angrenzende Teil des Bestandsgebäudes wird zur Zollamtstraße hin entkernt und bietet Raum für wechselnde Ausstellungen oder Empfänge.
Die Bürobereiche bieten durch die Minimierung massiver Bauteile und das gewählte Ausbauraster von 1,35m maximale Flexibilität von der kleinteiligen Zellenstruktur bis hin zum vollständig offenen Open-Space-Office und lassen sich langfristig an wechselnde Bedürfnisse bzw. Arbeitsbedingungen anpassen. Es entstehen vielfältige, moderne Arbeitswelten, die den Mitarbeitern eine große Diversität an Arbeitsatmosphären vom reizarmen Einzelbüro bis hin zum Arbeiten in entspannter Lounge-Atmosphäre mit Espressobar anbieten. Das Zentrum der entstehenden Arbeitswelt bildet dabei der dreigeschossige Kommunikationsraum, in dessen Mitte eine begrünte Mitarbeiter-Lounge viel Raum für gemeinsames Arbeiten oder kurzfristige, effektive Erholung bietet. Eine große Kommunikations- und Sitztreppe schafft Raum für Begegnung und kann als vielfältig bespielbares Element auch für Veranstaltungen oder Vorträge genutzt werden.
Im obersten Geschoss bietet der große Sitzungssaal einen unverbauten Ausblick auf den Dom. Durch die optionale Kombinierbarkeit mit dem angrenzenden Schulungsraum könnte hier ein repräsentativer Veranstaltungsbereich mit einer Größe bis zu 250 m² entstehen.
Das geschossweise Andocken des Neubaus an den Bestand erscheint sinnvoll, um die eher unattraktive Sackgassensituation im Bestandsgebäude aufzulösen. Falls Bedenken aufgrund möglicherweise zu großer Verkehrsströme bestehen, kann das Treppenhaus des zweiten Rettungsweges aus der Glasfuge in den Neubau verlagert werden und die beiden Gebäude auf diese Weise separiert werden.
Der Neubau vermittelt in seiner Materialität aus massivem Betonsockel und einer darüber angeordneter Metall-/ Glasfassade zwischen den gewachsenen Strukturen der blockartigen Umgebungsbebauung und dem vorhandenen Verwaltungsgebäude. Die Fassadenstruktur basiert auf dem wirtschaftlichen Ausbauraster von 1,35m und ist in ihrer vertikalen Ausrichtung gestalterisch angemessen für eine innerstädtische Bebauung im Rahmen einer Blockstruktur. Das Gebäude soll sich harmonisch in das stadträumliche Umfeld einfügen und beruhigend auf den durch seine heterogene Struktur gekennzeichneten Ort einwirken.
Basierend auf einem Ausbauraster von 1,35m sind in den Grundrissen Stützweiten von vier Achsrastern (5,40 m) vorgesehen. Dadurch ergibt sich einerseits ein höchst flexibler Grundriss für die Bürogestaltung, andererseits ein wirtschaftliches Achsmaß für die Deckenstärken und den vertikalen Lastabtrag. Die Decken sind als Mischsystem zwischen punkt- und linienförmigen Lagerungen ohne weitere Unterzüge realisierbar und bieten damit keine Einschränkungen in Bezug auf Flexibilität und Installationswege. Sie sollen als Ortbetondecken ggf. unter Verwendung von Halbfertigteilen erstellt werden. Für die horizontale Gebäudeaussteifung können die über alle Geschosse durchgehenden Kernbereiche sowie einige Außenwände herangezogen werden, sodass sich auch in Bezug auf die Erdbebensicherheit (Erdbebenzone 2) ein ausgesprochen wirtschaftliches Tragwerkskonzept realisieren lässt. Für die Gründung ist zunächst im Übergang zur Tiefgarage des Gebäudebestandes aufgrund der deutlich unterschiedlichen Gründungsniveaus von einer Tiefgründung auszugehen. Inwieweit dies dann auch für den gesamten neuen Gebäudekomplex gelten wird, muss im Zuge der Vorentwurfsplanung geklärt werden.
Die vorgeschlagene Bebauung nutzt -in engem Bezug zum angrenzenden Bestandsgelände- die vorhandenen Höhenunterschiede und erreicht über die Anordnung der durchwegs barrierefreien Außenbezüge nach Süden (Foyerplatz), Westen (kleiner Quartiersplatz) und Norden (Platz an der Lagerhausstraße) wichtige Verbindungen in den Stadtraum; die ebenerdige Öffnung eines großzügigen Kantinen- und Mitarbeitergartens in den ruhigen Innenhof bietet im Dialog mit der heterogenen nördlichen Nachbarbebauung wertvolle und attraktive Freiflächen und verbindet darüber hinaus sowohl nach Norden zur Lagerhausstraße als auch nach Osten zur Terrasse des Bestandsgebäudes.
Beide Hauptzugänge von Süden sowie von Norden bieten neben Besucher-Fahrradstellplätzen auch Sitzgelegenheiten an; Wasserbecken sowie die Neupflanzung von markanten Bäumen (Gleditsien und Ginkgo) schaffen Atmosphäre und laden zum Verweilen ein.
Die Anlieferung der Kantine kann (zeitlich beschränkt auf die Morgenstunden) vom Parkierungsstreifen an der Burtscheider Straße erfolgen.
Neben der Qualität des Neubaus entstehen Charakter und Atmosphäre des neuen Verwaltungsgebäudes maßgeblich aus seinen Bezügen zur Stadt und den direkten Bezügen nach Außen. Arbeitsumfeld heißt in diesem Zusammenhang immer auch Freiraumqualität und Atmosphäre und somit die Erweiterung des inneren Raumprogramms nach außen.
Gerade aufgrund der innerstädtischen Dichte und der hohen Anzahl an Arbeitsplätzen erscheint uns eine größtmögliche Erschließung, Verknüpfung und Nutzung sämtlicher Freiflächen (also auch bestehender Terrassenflächen) geboten.
Gemäß der Zielsetzung eines zukunftsfähigen und gesundheitsfördernden Arbeitsumfeldes bieten sich den Mitarbeitern vielfältige grüne Freiräume, die Identität schaffen, in Ihrer speziellen Ausformung und Materialität aber in hohem Maße auch Vorbild für zukünftige nachhaltige und umweltverträgliche Gestaltungen sein sollen.
Dem hohen ökologischen Anspruch der Stadt Aachen folgend und ganz im Sinne einer verträglichen und nachhaltigen Stadtentwicklung werden die Freiflächen unter dem Aspekt einer möglichst geringen Flächenversiegelung in Verbindung mit den Möglichkeiten dezentraler Regenwasserbewirtschaftung (begrünte Verdunstungsdächer, offenen Mulden sowie große Rigolen und Zisternen im Innenhof), dem behutsamen Umgang mit umgebendem Bestand sowie der konsequenten Begrünung sämtlicher (oft auch einsehbarer Flachdächer) entwickelt. Hierdurch sowie durch die Schaffung des großzügigen grünen Innenhofs ist von positiven Effekten für das Mikroklima sowie die Stadtnatur (Stichwort "urbane Biotope") auszugehen.
Der Entwurf folgt darüber hinaus dem Cradle-to-Cradle-Prinzip (zu deutsch "von der Wiege zur Wiege"). Dahinter steht die Idee eines geschlossenen Materialkreislaufes, mit der Intention, schon im Bau Müll erst gar nicht entstehen zu lassen, sondern immer wieder hochwertige Ausgangsstoffe als Ressource zur Verfügung zu haben. Die Produkte sollen in ihrer Materialität sortenrein verwendet werden, sodass sie nach ihrer Nutzung schadstofffrei weiterverwendet werden können, indem sie entweder rückstandsfrei biologisch abbaubar oder vollständig wiederverwendbar sind. Auf Verbundwerkstoffe soll in diesem Zusammenhang verzichtet werden.
Für die möglichst gering versiegelten fugenoffenen Flächen könnte Mendiger Basalt (lokal aus der Eifel) in verschiedenen Formaten als Bodenbelag dienen. Die Gewinnung und Bearbeitung von Naturwerkstein erfordert gegenüber Betonwerksteinen einen deutlich geringen Energieeinsatz; durch die Verwendung eines lokalen (u.U. auch bereits gebrauchten) Materials können weite Transportwege sowie entsprechend hohe Emissionen vermieden werden. Darüber hinaus können Natursteinprodukte nach der Nutzungsphase auf vielfältige Weise wiederverwendet werden da sich die hohe Stabilität und Langlebigkeit von Naturstein in hohen Nutzungszeiträumen manifestiert.
Grundlage des Konzeptes ist die Minimierung des Energiebedarfs entsprechend dem Aachener Standard. Bei dem Neubau werden die Transmissionswärmeverluste durch einen äußerst kompakten Baukörper und einen sehr guten Wärmeschutz im Passivhausstandard reduziert. Neben dem Einsatz hochwärmegedämmter Fassadenelemente und Dreifach-Wärmeschutzverglasungen wird das Gebäude wärmebrückenminimiert und luftdicht ausgeführt. Zugleich wird die Tageslichtversorgung durch die Anordnung der Hauptnutzungsbereiche in Fassadennähe optimiert.
Um hohe solare Erträge im Sommer zu vermeiden, wurde der Fensterflächenanteil der Gebäude optimiert und ein außenliegender, beweglicher Sonnenschutz mit Tageslichtlenkung vorgesehen. Auf diese Weise werden die Räume auch bei heruntergelassenem Sonnenschutz natürlich belichtet.
Eine passive Kühlung des Gebäudes erfolgt durch eine Nachtlüftung über die brüstungsintegrierten Lüftungsgeräte. In den Bürobereichen wird die thermische Speichermasse durch die freiliegenden massiven Geschossdecken genutzt und somit eine hohe Wirksamkeit der Nachtlüftung erreicht.
Zur Minimierung der Lüftungswärmeverluste kommen im Brüstungsbereich dezentrale Fassadenlüftungsgeräte mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung zum Einsatz. Diese werden in regelmäßigen Abständen in die Fassade integriert und ermöglichen die gewünschte hohe Flexibilität in der Raumnutzung. Zusätzlich können das Kanalnetz und die Technikflächen maßgeblich reduziert werden.
Um den hygienisch notwendigen Luftwechsel auch in innenliegenden Räumen sowie in Räumen mit besonders hoher Personenbelegung (z.B. Besprechungsräume, Sitzungssaal, Restaurant) sicherzustellen, wird zusätzlich eine zentrale Lüftung für diese Bereiche vorgesehen. Über ein zentrales Lüftungsgerät im Sockelgeschoss werden die Küche und das Restaurant be- und entlüftet. Beim nord-östlichen Gebäudeteil wird ein zentrales Lüftungsgerät auf dem Gebäudedach platziert, welches die Besprechungsräume und den Sitzungssaal in den oberen Geschossen be- und entlüftet. Beide Lüftungsgeräte erhalten eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung und optional eine adiabate Abluftbefeuchtung zur passiven Kühlung der Zuluft.
Nach Rücksprache mit den Stadtwerken Aachen (STAWAG) steht in der Lagerhausstraße ein Fernwärmeanschluss zur Verfügung. Diese primärenergetisch günstige Energiequelle soll entsprechend den Vorgaben der Aachener Planungsbausteine im Neubau genutzt werden. Optional kann eine Kompressionskältemaschine für die Kälteversorgung der Bereiche mit hoher Personenbelegung (z.B. Besprechungsräume, Sitzungssaal, Restaurant) vorgesehen werden. Der hierfür benötigte Strom wird von den auf dem Dach des Gebäudes installierten Photovoltaikmodulen bereitgestellt.