Neubau der Anne-Frank-Realschule im Montabaur

1. Preis beim Realisierungswettbewerb, Fertigstellung 2023

Leitidee | städtebauliche Einbindung

Mit dem Neubau der Anne-Frank-Realschule plus wird der Schulcampus Montabaur mit Landesmusikgymnasium, dem Mons-Tabor Gymnasium sowie der Heinrich Roth-Realschule um einen vierten Baustein erweitert. Für den Neubau steht der kreiseigene alte Sportplatz zur Verfügung. Mit unserem Entwurf schlagen wir vor, das Baugrundstück orthogonal in folgende vier Funktionsbereiche einzuteilen:

Nordost: Vorplatz – Ankommen
Nordwest: 2. BA – Schulmensa
Südost: – Neubau Schule
Südwest: Freibereich – Pausenfläche

Der großzügige Vorplatz mit seinem Eingangshain ist Verbindungsglied zum bereits bestehenden Schulcampus. Über diesen werden der Schulneubau und die für den zweiten Bauabschnitt vorgesehene Mensa erschlossen. Durch die vorgenannte Zonierung entstehen auf einfache Weise klar gegliederte Freiräume mit deutlich gefassten Raumkanten.

Von Räumen & Beziehungen

Die beiden zentralen Freiräume “Eingangshain“ und “Pausenhof“ werden als Erweiterung des Schulgebäudes gesehen und mittels direkter Gebäudebezüge ausformuliert. Ihrer Größe und Umgebung angemessen, bilden die neuen Freiflächen ein multifunktionales und attraktives Lernumfeld und fügen sich nicht nur in die Umgebung des Ortes ein, sondern prägen diese ganz maßgeblich.
Wichtig erscheint uns auch der Aspekt der teilweisen (materiellen und optischen) Verbindung und Öffnung der verschiedenen Bereiche zueinander; zum Einen entsteht nur so ein „Großes Ganzes“, zum Anderen könnten so Bezüge zwischen den Alters- und Nutzergruppen gestärkt werden.

Grünes Schulumfeld

Sämtliche Anforderungen der Erschließung, Pausengestaltung und des Außenspiels können in der vorgeschlagenen Struktur berücksichtigt und erfüllt werden. Durch direkte Bezüge zum teils äußerst wertvollen Baumbestand als klare verbindende Rahmung im Bereich des sich nach Süden verdichtenden grünen Pausenhofs geschieht dies in einer differenzierten Art, die – ausgehend von eindeutigen Erschließungen immer wieder den Bezug zum Grün und zur (für Kinder erlebbaren) Natur sucht.
Die tägliche Beobachtung und Nutzung der Flächen im Laufe der Jahreszeiten sowie das stetige Entdecken neuer Aspekte mit dem Älterwerden sorgen für ein reizvolles und abwechslungsreiches Lebens- und Lernumfeld für Kinder und Erwachsene.

Freiräume zum Leben und Lernen

Schule und Lernen beginnen und enden nicht mit dem Schulgong – das Ankommen und der Austausch sowie das Gespräch und Spiel mit anderen Kindern tragen maßgeblich zur Entwicklung bei und brauchen daher auch geeignete und variable Räume, die in Form des großzügigen Eingangshains vorgeschlagen werden.
Sämtliche Freiräume werden als erweiterte Schulflächen gesehen. Wichtig erscheint uns hierbei die tägliche Nutzbarkeit und Erlebbarkeit mit den Jahreszeiten und über viele Jahre hinweg, was eine sehr differenzierte Gestaltung unter Berücksichtigung verschiedener Qualitäten und Atmosphären voraussetzt.
Gerade die Möglichkeiten verschiedenster - auch “bewegter“ - Pausengestaltungen in allen Bereichen sowie das Ermöglichen von Rückzug und aktiver Entspannung stehen hierbei im Vordergrund.
Durch die Verdichtung der Baumstrukturen nach Süden hin sowie der Nutzungsabfolge Pausenfeld – Spielhain – Pausenwald werden bewusst zu den südlichen Nachbarn ruhigere Nutzungen angeordnet.

Äußere und innere Erschließung | Gebäudestruktur

Wir schlagen vor, Realschule und Kreismusikschule in einem Baukörper unterzubringen, so dass die gewünschten Synergien – gemeinsame Nutzung von Klassenräumen (Musikraum, Bläserklassen) – auf unkomplizierte Weise umgesetzt werden können. Der zweigeschossige Baukörper gliedert sich in folgende Funktionsbereiche:

Erdgeschoss:

Obergeschoss:

Zwei großzügige Lichthöfe dienen als erweiterte Pausenfläche, Leseterrasse und Freibereich für die Lehrer. Sie werden durch die zentrale Vertikalerschließung (Treppe und Aufzug) geteilt. Daran angegliedert liegen im Erdgeschoss Lehrerzimmer und Bibliothek, im Obergeschoss Schulküche und Speiseraum.

Gemeinschaft

Unser Entwurf sieht es vor, dass die Aula mit dem Mehrzweckraum und für besonders große schulische Veranstaltungen auch mit dem Musikraum verbunden werden kann. Darüber hinaus dient sie als Pausenaufenthalt und verbindet nach Bedarf die offene Pausenfläche mit dem ansonsten eher introvertierten Innenhof.

Kreismusikschule

Man betritt den Schulbau über einen großen Windfang. Dieser dient als Verteiler zwischen Kreismusikschule, Musikraum und Schulbereich. Es besteht die Möglichkeit, dass Musikschüler sowohl den großen Musikraum als auch die beiden Bläserklassen im Obergeschoss mitnutzen, ohne die eigentliche Schule zu betreten.

Cluster

Jeder Jahrgangsstufenverband gliedert sich um eine natürlich belichtete Lerninsel. Jedem Doppelcluster ist ein dezentraler WC-Bereich angegliedert. Der erste Rettungsweg verläuft direkt über ein fassadenseitiges Treppenhaus nach draußen. Jedes Cluster ist unabhängig von den anderen Nutzungsbereichen erschlossen, so dass ein ungestörtes Arbeiten in der gemeinsamen Lerninsel möglich ist.

Inklusion

Die klare Struktur des Baukörpers trägt in hohem Maße zur einfachen Orientierung und Übersichtlichkeit für die Kinder und Jugendlichen in ihrem neuen Schulgebäude bei. Auch Kinder mit besonderem Förderbedarf finden sich in der barrierefreien Umgebung einfach zurecht.

Architektursprache | Fassaden | Material | Tragwerk

Sämtliche Materialien (vorzugsweise Holz) werden in ihrer natürlichen Beschaffenheit eingesetzt. Die Oberflächen bleiben naturbelassen. Der ehrliche Umgang mit den Materialien ist Bestandteil des architektonischen Konzepts.
Die Fassade wird von außen mit einer horizontalen Holzschalung verkleidet. Fensterbänder über die volle Raumbreite ermöglichen eine optimale Belichtung sämtlicher Lernräume. Textil-Screens verhindern ein Überhitzen der Aufenthaltsräume im Sommer.
Auch im Innenraum ist Holz das gestaltprägende Material. Wandverkleidungen, Einbaumöbel, wo nötig Akustikelemente und Fußböden aus hellem Linoleum verleihen den Räumen eine angenehm warme Atmosphäre.
Großflächigen Verglasungen – in Teilen raumhoch – ermöglichen helle Räume und klare, natürlich belichtete Jahrgangsinseln. Diese Transparenz wird konsequent über den gesamten Neubau fortgeführt und ermöglicht interessante Blickbeziehungen zwischen den verschiedenen Nutzungsbereichen auch über das jeweilige Geschoss hinaus.

Energiekonzept | Nachhaltigkeit | Wirtschaftlichkeit

Wir schlagen ein Tragwerk aus Stahlbetonschottwänden und Decken in Holz-Beton-Verbundbauweise vor, mit Außenwänden in Holzrahmen- und nichttragenden Ausbauwänden in Holzständerbauweise. Diese zukunftsweisende Hybridkonstruktion minimiert den Einsatz von Stahl und Zement und verbindet die Vorzüge einer reinen Massivkonstruktion mit der ökologischen Holzbauweise.
Die hochwärmegedämmte Fassade erhält eine Außenschale aus nachwachsendem einheimischen Douglasienholz. Das Dach wird durch eine ökologische Substratschicht mit Extensivbegrünung aus Sedumsprossen geschützt. Eine Photovoltaikanlage auf der Dachfläche dient zur Stromerzeugung. Eine Wärmepumpe nutzt die natürlich vorhandene Erdwärme. Um den Trinkwasserbedarf zu minimieren ist die Nutzung der Dachflächenabwässer für WC-Spülungen und die Bewässerung der Außenanlagen vorgesehen.
Die vorelementierte Hybridbauweise bietet den Vorteil, die Bauzeit zu verkürzen und damit ein wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen. Darüber hinaus ist sie konsequent ökologisch und in hohem Maße nachhaltig.